Was ist eine Abofalle bzw. eine Kostenfalle?
Als „Abofalle" bezeichnet man ein Angebot – zumeist im Internet – das sich auf den ersten Blick als kostenlos darstellt. Liest man dann allerdings das „Kleingedruckte", so stellt sich heraus, dass es meist nicht unerhebliche Kosten – häufig als Abomodell – auslöst.
Außerhalb des Internet werden derzeit verstärkt Telefaxe und Briefe von sog. „Gewerberegistern" bzw. „Gewerbeauskunftszentralen" an Firmen – aber auch Kleinunternehmer – verschickt. Dies geschieht zumeist per Telefax oder per Post. Die Anbieter dieser Register täuschen den Empfänger über
- Aussteller des Schreibens, indem Briefbögen verwendet werden, die den Anschreiben staatlicher Behörden zum Verwechseln ähnlich sehen (fahl graues Umweltschutzpapier, Schriftart Courier, amtliche Siegel und Aktenzeichen usw.) sowie
- über den Sinn und Zweck des Anschreibens, der sich in der Regel in dem Eintrag der Unternehmensdaten in einem sinnlosen Internetregister erschöpft.
Obwohl derartige Schreiben mit staatlichen Behörden und amtlichen Registern rein gar nichts zu tun haben, soll der Empfänger ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen. Das Geschäftsmodell besteht demnach darin, den Empfänger über den Aussteller und den Sinn und Zweck des Anschreibens zu täuschen und ihn zu regelmäßig wiederkehrenden Kosten für ein sinnloses Internetregister zu verleiten.
Im Internet wird ähnlich verfahren, wobei das Hauptaugenmerk hier auf dem Betrug von Verbrauchern liegt. Bekanntlich nutzt eine Vielzahl von Verbrauchern bei der Suche nach gratis Software, beispielsweise dem Internetbrowser Firefox oder Antivirensoftware, die Suchmaschine Google. Gibt der Verbraucher die entsprechenden Suchworte ein, so werden neben der echten Internetseite des Softwareanbieters auch diverse andere Angebote aufgelistet. Bei vielen dieser Angebote wird der Anschein erweckt, auch auf den betreffenden Seiten könne der Verbraucher die betreffende Freeware (zB Firefox) herunterladen. Dazu müsse er sich lediglich einmal kostenfrei registrieren und habe dann auch Zugriff auf eine Vielzahl anderer Freeware-Produkte. Bei dieser Registrierung muss der Verbraucher allerdings nicht nur einen Zugangsnamen mitsamt Passwort und E-Mail-Adresse angeben, sondern darüber hinaus auch noch seine kompletten personenbezogenen Daten (zB Name, Anschrift usw.) offenlegen. Häufig werden auch sensible Daten wie die Bankverbindung abgefragt. Charakteristisch für diese Angebote ist, dass ohne die vollständige Angabe der personenbezogenen Daten, dh Name, Anschrift, Bankverbindung usw., eine Registrierung nicht möglich ist. Auch hier findet sich versteckt im Kleingedruckten dann der Hinweis, dass durch die Registrierung ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen wird, zumeist mit einer Vertragslaufzeit von mindestens einem oder zwei Jahren. Sobald dem Abofallenbetreiber die Kundedaten bekannt sind, wird meist relativ bald eine Rechnung erstellt und an den angeblichen Kunden verschickt. Zahlt dieser dann nicht, werden Mahnungen versendet, Inkassokosten geltend gemacht usw.
Das Leitbild des Verbrauchers und damit der Prüfungsmaßstab für eine lauterkeitsrechtliche Täuschung bzw. Irreführung wird maßgeblich durch die Erwägungsgründe 18 und 19 der UGP-Richtlinie (RL 2005/29/EG vom 11.05.2005) bestimmt. Maßstab ist danach der „durchschnittliche und verständige Verbraucher", der nicht gehalten ist, jedes Schreiben oder jede Website auf versteckte Hinweise zu durchforsten oder zu deren Verständnis rechtlichen Rat einzuholen. Im Einzelnen führt die Richtlinie aus:
(18)
Es ist angezeigt, alle Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken zu schützen; der Gerichtshof hat es allerdings bei seiner Rechtsprechung im Zusammenhang mit Werbung seit dem Erlass der Richtlinie 84/450/EWG für erforderlich gehalten, die Auswirkungen auf einen fiktiven typischen Verbraucher zu prüfen. Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechend und um die wirksame Anwendung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, nimmt diese Richtlinie den Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren in der Auslegung des Gerichtshofs als Maßstab, enthält aber auch Bestimmungen zur Vermeidung der Ausnutzung von Verbrauchern, deren Eigenschaften sie für unlautere Geschäftspraktiken besonders anfällig machen. Richtet sich eine Geschäftspraxis speziell an eine besondere Verbrauchergruppe wie z.B. Kinder, so sollte die Auswirkung der Geschäftspraxis aus der Sicht eines Durchschnittsmitglieds dieser Gruppe beurteilt werden. Es ist deshalb angezeigt, in die Liste der Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen unlauter sind, eine Bestimmung aufzunehmen, mit der an Kinder gerichtete Werbung zwar nicht völlig untersagt wird, mit der Kinder aber vor unmittelbaren Kaufaufforderungen geschützt werden. Der Begriff des Durchschnittsverbrauchers beruht dabei nicht auf einer statistischen Grundlage. Die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden müssen sich bei der Beurteilung der Frage, wie der Durchschnittsverbraucher in einem gegebenen Fall typischerweise reagieren würde, auf ihre eigene Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs verlassen.(19)
Sind Verbraucher aufgrund bestimmter Eigenschaften wie Alter, geistige oder körperliche Gebrechen oder Leichtgläubigkeit besonders für eine Geschäftspraxis oder das ihr zugrunde liegende Produkt anfällig und wird durch diese Praxis voraussichtlich das wirtschaftliche Verhalten nur dieser Verbraucher in einer für den Gewerbetreibenden vernünftigerweise vorhersehbaren Art und Weise wesentlich beeinflusst, muss sichergestellt werden, dass diese entsprechend geschützt werden, indem die Praxis aus der Sicht eines Durchschnittsmitglieds dieser Gruppe beurteilt wird.
Die Verteidigung gegen derartige Abofallen hängt davon ab, ob wirklich ein Vertrag zustande kam. Objektiv betrachtet erklärt der Kunde mit Absendung der Registrierung beziehungsweise der Rücksendung der Gewerberegistereintragung, dass er einen kostenpflichtigen Auftrag erteilen möchte. Allerdings trifft dieser Grundsatz nicht in allen Fällen zu. Außerdem existieren rechtliche Möglichkeiten, sich nachträglich vom Vertrag zu lösen.
Bei Bestellungen eines Verbrauchers im Internet hat das "Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr" (vgl. BGBl. 2012, Teil 1 Nr. 21, S. 1084) die sog. "Button-Lösung" implementiert. War der Bestellknopf nicht mit den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet, kommt gemäß § 312g Abs. 3 BGB seit dem 01.08.2012 kein kostenpflichtiger Vertrag mehr zustande.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass der Vertrag bereits von vornherein nichtig war aufgrund von „Wucher". Davon geht man in rechtlicher Hinsicht aus, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht, dh eine Leistung zu einem völlig überhöhten Preis verkauft wurde. In der Praxis geht man vom doppelten des normalen marktüblichen Preises aus. Zu diesem Missverhältnis müssen noch besondere Umstände hinzukommen, beispielsweise „Unerfahrenheit" im Erkennen von derartigen Täuschungen. In der Praxis werden gerichtlich nicht wenige Fälle als Wucher behandelt, bei dem sich Nutzer – die Freeware herunterladen möchten – in einer Abofalle wiederfinden. Sofern die Freeware beim Hersteller der Software gratis erhältlich ist, begründet die Mehrzahl kostenpflichter Angebote hinsichtlich dieser Software ein auffälliges Missverhältnis. Bei der entsprechenden geschäftlichen Unerfahrenheit des Bestellers kann Wucher bejaht werden, so dass kein Zahlungsanspruch besteht.
Ein zentrales Verteidigungsmittel eines jeden Verbrauchers gegen Abofallen stellt bei Fernabsatzverträgen über Fernkommunikationsmittel wie das Internet, Telefon, Fax usw. das gesetzliche Widerrufsrecht dar. Dies gilt freilich nicht bei Unternehmergeschäften wie beispielsweise der Eintragung in ein Gewerberegister.
Der Verkäufer hat den Verbraucher gemäß den gesetzlichen Vorgaben über sein Widerrufsrecht zu informieren. Geschieht dies nicht, so steht dem Verbraucher ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht zu. Bei der Ausübung eines Widerrufsrechts bestehen auch keine Schadenersatzansprüche seitens des Verkäufers. Betrügerische Abofallenbetreiber belehren daher zunächst korrekt über das Widerrufsrecht, warten dann jedoch den Ablauf der Widerrufsfrist ab, bevor die entsprechende Rechnung überhaupt verschickt wird. So nimmt der Verbraucher die Kostenpflichtigkeit des Angebots und das Widerrufsrecht erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zur Kenntnis.
Das Recht, die eigene Willenserklärung anzufechten und damit die Nichtigkeit des Vertrags herbeizuführen, steht sowohl Verbrauchern als auch Unternehmern zu.
Als Anfechtungsgrund kann zunächst ein Irrtum angenommen werden. Der Kunde kann sich darauf stützen, dass er sich über die Tatsachen "Vertragsschluss" bzw. "Vertragsinhalt" irrte. Der Wortlaut der Anfechtungserklärung kann beispielsweise wie folgt sein:
„Hiermit erkläre ich die Anfechtung wegen Irrtums".
Diese Erklärung muss dem Abofallenbetreiber zugehen, dh es empfiehlt sich der Vorabversand per Telefax und Email neben dem postalischen Versand per Einwurfeinschreiben (die Entgegennahme von Übergabeeinschreiben und Rückschein können verweigert werden).
Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Anfechtung ist weiterhin, dass der Anfechtungsgrund genau dargelegt wird. Bei einer derartigen Anfechtung wegen Erklärungsirrtum besteht allerdings die Gefahr, dass man sich als Kunde schadenersatzpflichtig macht. Mit der Anfechtung wegen Irrtums erklärt man ja, dass man für die Nichtdurchführbarkeit des Vertrages selbst verantwortlich ist, da man sich über die Kostenpflichtigkeit geirrt hat.
Bei jeder Abo- bzw. Kostenfalle steht der Anfechtungsgrund der "arglistigen Täuschung" im Raum, da der Charakter der Abofalle gerade darin besteht, den Empfänger über entscheidungserhebliche Kriterien in Bezug auf die nachgefragte Ware oder Dienstleistung, wie zB die Identität des Anbieters, die Kostenpflichtigkeit, den Vertragsinhalt, in die Irre zu führen. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt voraus:
- Erklärung der Anfechtung, zB mit den Worten
„Hiermit erkläre ich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung"
- Darlegung des Anfechtungsgrunds, dh Beschreibung weshalb eine Täuschung angenommen wird
- Zugang dieser Erklärung beim Abofallenbetreiber, dh Vorabversand per Telefax und Email neben dem postalischen Versand per Einwurfeinschreiben
Im Gegensatz zur Anfechtung wegen Irrtums besteht keine Schadensersatzpflicht, da der Anfechtungsgrund "arglistige Täuschung" aus dem Einflussbereich des Abofallenbetreibers herrührt.
Zunächst muss geprüft werden, ob wirklich ein betrügerischer Sachverhalt in Gestalt einer Abofalle vorliegt. Weiterhin kommt es darauf an, ob und wie Sie von Ihren Verteidigungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht haben..
Wir empfehlen baldmöglichst nach Erhalt einer entsprechenden Rechnung qualifizierten Rat einzuholen, um angemessen zu regieren. Soll beispielsweise eine Anfechtung ausgesprochen oder eine Kündigung erklärt werden, so sind meist auch Fristen zu wahren. Im schlimmsten Fall verlängert sich die Vertragsdauer des Abos – meist um ein weiteres Jahr – was zu weiteren Kosten führen kann.
Gerne können Sie uns Rechnungen, Mahnungen usw. über unser Beschwerdeformular zur Verfügung stellen, so dass wir Sie im Einzelfall beraten können.